(Altlastenfreistellung)
Kurzversion:
Die hier sichtbare Version (Altlastenfreistellung) zeigt einen Umbau der Version (Spendenzelt), nach Rücksprache mit den Kuratorinnen Hannah Beck-Mannagetta, Lena Fließbach umgesetzt von diesen, als Reaktion auf die Bedenken der Interimsdirektorin des Museums für Bildende Künste Dr. Jeanette Stoschek und dem Umweltbundesamt, in Reaktion auf das Kommentar einer TeilnehmerIn bei einem Proberundgang vor der Eröffnung: Die aus den Kleiderspenden genähten Worte "MACHT, Arbeit, FREIER" würden evtl. den Holocaust verharmlosen und sollen unlesbar gemacht, d.h. abgehängt werden.
Kleiderspenden (Flüchtlingshilfe Jüterbog, Caritas), Sale Kostüm (Karstadt 2016), Doppeldildo (Nunchaku), Elemente einer älteren Arbeit von 2011 (More or less the same.) , Dachlatten | Ausstellungsansicht: Zero waste, Museum der bildenden Künste Leipzig, MdbK, 2020
Langversion:
Die vorab mehrfach bestätigte Version (Spendenzelt) [siehe unten] wurde nach einem Probe(presse)rundgang der Kuratorinnen mit dem Museumspersonal, eine Woche vor der Eröffnung geändert. Ich wurde telefonisch von den Kuratorinnen darüber informiert, dass eine Änderung aus Sicht des Museums unumgänglich sei. Ein Rückzug der Arbeit sei aber auch nicht erwünscht, da das gegebenfalls zu nicht erwünschter Presse führen könnte. über die Vorgänge solle auch nicht gesprochen werden.
Telefonisch wurde mir von den Kuratorinnen mitgeteilt, dass das Museumspersonal massive Bedenken habe, die an dem Zeltgerüst angebrachten Begriffe "MACHT" "Arbeit" "FREIER" könnten als ein Vergleich mit (oder eine "Herabsetzung" von) NS Arbeitslagern gelesen werden. Das an den Begriffen assoziierte Bild, das eigentlich bewusst als (drastischer) Vergleich mit multiplen Bedeutungsebenen abgerufen werden sollte, wurde von einem Mitarbeiter als Gleichsetzung interpretiert, und sollte nun auch von Seiten der Museumsleitung und des Umweltbundesamtes erst gar nicht hinterfragt oder öffentlich diskutiert werden. Die aus den Kleiderspenden genähten Worte "MACHT", "Arbeit" und "FREIER" sind im Rahmen der Ausstellung auf unterschiedliche Weise lesbar:
Als Frage (?) verweisen sie auf dem Begriff "Arbeit" anhaftende Freiheitsversprechen, die vor allem mit Blick auf regionale Lohngeäunterschiede, und mit Blick auf den vilefach nachgewiesenen Fortbestand von Zwangs- und Kinderarbeit, deutlich wiederlegt sind.
Als Imperativ (!) verweisen sie auf den Vorschlag "Arbeit" von einem rein marktwirtschaftlich begründeten Machtgefälle zu befreien. In Kombination mit der Kleiderspendenflut /-wut von 2015/16 (aus Überschüssen dieser Zeit ist die Arbeit genäht) ist dies auch ein Apell, die aus den Zwangsverhältnissen resultierenden Migrationszwänge zu betrachten.
Liest man die Begriffe als eigenständige Substantive, bezeichnet die Installation die allgemeine Partizipation, bzw. Nutzung der angesprochenen Machtverhältnisse als "FREIER", im Sinne der Ausbeutung der über den Bereich "Arbeit" zementierten "MACHT".
Die den Begriffen anhaftenden Diskursmöglichkeiten, wurden in Bezug auf die Thematik der Gesamtausstellung plötzlich als unpassend definiert. Nimmt man nun die spontane Angst des Museums vor dem "Wink mit dem Zaunpfahl" des Probepublikums ernst wird es umso problematischer, da sowohl in aktuellen Kriegen, als auch im Nationalsozialismus Menschen als (Kriegsproduktions-)Material zu dienen haben (hatten). Vor allem in dritten Reich wurden der Ideologie widersprechende Minderheiten wie Müll behandelt und millionenfach, oftmals möglichst rückstandslos entsorgt. Dass der Titel der Ausstellung "Zero Waste" in Bezug auf diese (unsere) faschistische Geschichte unangenehme Beigeschmäcker provozieren kann, wird an keiner anderen Stelle der Ausstellung thematisiert.
Die Begriffe, die die Möglichkeiten der eben beschrieben Diskurse provozieren könnten, sollten eine Woche vor Eröffnung unbedingt aus Arbeit entfernt werden. Über diesen Vorgang sollte nicht gesprochen werden. Wie beschrieben war die Arbeit (samt der Erklärung über die Begriffe im Katalogtext) mehrfach vorab gesichtet und angenommen worden und plötzlich als angebliche Themaverfehlung, bzw. als zu weitgreifend für den Kontext der Ausstellung definiert.
Telefonisch bestätigte ich den Kuratorinnen die Möglichkeit die Arbeit als Koautorinnen zu verändern, und somit eine neue Version herzustellen. Diese brauchte einen neuen Subtitel den ich nach Sichtung der Veränderung hinzufügte: (Altlastenfreistellung). Dieser neue Titel wurde von den KuratorInnen nicht auf das Display in der Ausstellung übernommen.
Die an den Seiten angebrachten Begriffe "MACHT" und "FREIER" wurden abgenommen und als Kleiderhaufen neben das Gerüst gelegt. Der Begriff "Arbeit" auf dem Zeltgiebel ist in der Version nicht lesbar und wurde dort gelassen. Die semantische Ebene, d.h. die Frage nach einem Zusammenhang der Begriffe "MACHT" "Arbeit" "FREIER" in einem Gesamtzusammenhang mit Produktionsweisen mancher Textilindustrien wurde kurzfristig auch aus dem Katalogtext gelöscht. Sie sind jedoch essentieller Teil der von mir vorgeschlagenen Version und bisher nirgends mehr in Bezug auf die Installation auffindbar. (Stand 09.10.2020)
Die folgenden Bilder zeigen die von mir vorbereitete und aufgebaute Version (Spendenzelt):
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